1. Allgemeines, Unterhaltsarten
Der Unterhaltsanspruch beruht auf verschiedenen Rechtsgrundlagen.
a) Verwandtenunterhalt, §§ 1601 ff BGB. Dieser Unterhaltsanspruch beruht auf dem verwandtschaftlichen Verhältnis. Unterhaltsansprüche bestehen nur zwischen in gerader Linie Verwandten (in auf- und absteigender Linie, z.B. Kindesunterhalt) und auch generationsübergreifend (z.B. Unterhalt für/von Eltern und Großeltern). Nicht unterhaltspflichtig sind Verwandte in der Seitenlinie, also Geschwister, Verschwägerte und Stiefeltern gegenüber Stiefkindern.
b) Familienunterhalt, §§ 1360 - 1360 b BGB
Hierbei handelt es sich um Unterhalt der nicht getrennt lebenden Ehegatten einschließlich der bei ihnen lebenden Kinder.
c) Getrenntlebensunterhalt, § 1361 BGB
Diese Bestimmung regelt den gegenseitigen Ehegattenunterhalt, da die Familieneinheit durch die Trennung aufgehoben ist. Dieser Anspruch ist unabhängig von einem Trennungsverschulden.
d) Geschiedenenunterhalt, §§ 1569 BGB  -  1586 b BGB
Diese Vorschriften gelten für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung und regeln den Unterhalt zwischen Eheleuten.
e) Erbrechtliche Unterhaltsansprüche
Erbrechtliche Unterhaltsansprüche ergeben sich aus § 1371 IV BGB (Ausbildungsanspruch der Stiefabkömmlinge) und § 1969 BGB (Dreißigster).
Alle Unterhaltsansprüche setzen Bedürftigkeit des Berechtigten und Leistungsfähigkeit des Verpflichteten voraus.

2. Kindesunterhalt
a) Allgemeines
Der Unterhaltsanspruch beruht für minderjährige und volljährige Kinder gleichermaßen auf § 1601 BGB. Inhaltlich ist der Anspruch aber verschieden ausgestaltet, insbesondere hat der Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes grundsätzlich den besseren Rang und es muss nicht seine Vermögenssubstanz einsetzen, solange die Eltern nicht leistungsunfähig sind.
Das Unterhaltsrecht ist durch zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe gekennzeichnet. Die für die Praxis wichtigen Anhaltspunkte für die Bemessung des Kindesunterhalts liefern die Zahlenwerte der  Düsseldorfer Tabelle, die heute praktisch einheitlich in Deutschland angewandt wird.

download:  Düsseldorfer Tabelle


b) Einkommensorientierung
Das Unterhaltsmaß richtet sich nach der Lebensstellung des Berechtigten, § 1610 BGB. Bei minderjährigen Kindern wird diese von der Lebensstellung der Eltern abgeleitet. Maßgeblich ist grundsätzlich die Lebensstellung, d.h. die Einkommenssituation, des Barunterhaltspflichtigen. Den Rest erhält das Kind in Form der Betreuungsleistung des anderen Elternteils.
Sind bei volljährigen Kindern oder minderjährigen Kindern, die nicht bei einem Elternteil leben, beide Eltern leistungsfähig, so errechnet sich der Unterhalt nach den zusammengerechneten Einkommen. Die Haftungsanteile der Eltern richten sich dann nach dem Verhältnis ihrer Einkünfte abzüglich des Selbstbehalts.
Der betreuende Elternteil dagegen muss sich am Barunterhalt nur beteiligen, wenn er erheblich mehr verdient als der nicht betreuende barunterhaltspflichtige Elternteil.

3. Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen
Grundsätzlich kann Unterhalt nur für die Zukunft und nicht für die Vergangenheit gefordert werden. Es gibt aber folgende Ausnahmen:

  • Unterhalt des nichtehelichen Kindes und der nicht ehelichen Mutter lfür Unterhaltsbeträge, die vor Anerkennung oder rechtskräftiger Feststellung der Vaterschaft fällig waren, §§ 1613, 1615l BGB,
  • Unterhalt wegen Sonderbedarfs, §§ 1585 b, 1613 BGB,
  • Verzug des Unterhaltsschuldners.

Voraussetzung für den Verzug ist, dass der Unterhaltsschuldner zur Zahlung oder zur Auskunftserteilung über seine Einkünfte und sein Vermögen aufgefordert worden ist und schuldhaft nicht gezahlt oder Auskunft erteilt hat. Fehlt eine solche Mahnung, kann rückwirkend kein Unterhalt verlangt werden, es sei denn, der Unterhaltsschuldner hat sich geweigert, (erhöhten) Unterhalt zu zahlen. Es empfiehlt sich daher, den Unterhalt bzw. eine Unterhaltserhöhung oder Auskunftsaufforderung schriftlich geltend zu machen. In diesem Fall sind vom Unterhaltsschuldner Rückstände ab Zugang der Mahnung zu zahlen.

4. Kindergeld
Derzeit werden für das erste und zweite Kind jeweils € 184,00, für das dritte Kind € 190,00 und ab dem vierten Kind € 215,00 gezahlt. Der Kinderfreibetrag wird nicht mehr für das gesamte Kalenderjahr gewährt, sondern nur für die Monate, in denen die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Er wird im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht berücksichtigt. Erst in der Einkommensteuerveranlagung, also frühestens im Jahr 1997, prüft das Finanzamt von Amts wegen, ob der Kinderfreibetrag günstiger ist.
Das Kindergeld wird im Rahmen der Einkommensveranlagung mit der auf den Kinderfreibetrag entfallen Steuererstattung verrechnet. Zu verrechnen ist nicht nur das Kindergeld, das ein Elternteil bezieht, sondern auch der Kindergeldanteil, der dem Steuerpflichtigen im Wege des familienrechtlichen Ausgleichs zusteht. Leistet beispielsweise der Vater Barunterhalt für ein Kind und bezieht die betreuende Mutter € 184,00 Kindergeld, so wird der Barunterhalt um den Kindergeldanteil des Vaters von € 92,00 gekürzt. Dem Vater steht bei der steuerlichen Veranlagung nur ein (halber) Kinderfreibetrag zu. Das Finanzamt hat von Amts wegen zu prüfen, ob sich für den Vater der Kinderfreibetrag oder der Kindergeldanteil der ihm durch Verrechnung mit dem Kindesunterhalt zugeflossen ist, günstiger auswirken.

Die Voraussetzungen für Kinderfreibetrag bzw. Kindergeld wurden weitgehend aneinander angeglichen. Ein Kind wird von der Geburt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres berücksichtigt. Darüberhinaus werden Kinderfreibetrag und Kindergeld entsprechend der alten Regelung im Bundeskindergeldgesetz gewährt:

  • bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres bei Arbeitslosigkeit,
  • bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres unter besonderen Voraussetzungen, insbesondere während einer Schul- oder Berufsausbildung etc.,
  • bei körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung und dadurch bedingter Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten.

Bei Ableistung von Grundwehr- oder Zivildienst kann ein Kind über das 21. bzw. 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt werden (§ 32 V EStG 1996). Einkünfte des Kindes von weniger als € 8.004,00 im Kalenderjahr stehen der Gewährung von Kinderfreibetrag und Kindergeld nicht entgegen. Unterhaltsaufwendungen können nur dann als außergewöhnliche Belastung abgesetzt werden, wenn ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch gegen den Steuerpflichtigen oder seinen Ehegatten besteht. Die Höchstgrenze beträgt derzeit € 8.004,00.

5. Änderungen des Unterhaltsrechts seit dem Jahr 1998
a) Anspruch auf dynamisierten Unterhalt
Der Unterhalt für eheliche und nichteheliche Kinder wurde vereinheitlicht. Im Grundsatz wurde der Regelunterhalt wie bisher als fester Geldbetrag zuerkannt und zwar anhand von obergerichtlichen Tabellen. Auf Antrag eines minderjährigen, nicht im Haushalt des Pflichtigen lebenden Kindes, fand sodann eine Umrechnung in einen Vom-Hundert-Satz des Regelbetrages statt.
Der Regelbetrag, in drei Altersstufen gestaffelt, wart nicht nach dem Bedarf des Kindes definiert. Der Regelbetrag wurde durch die Regelunterhaltverordnung an die Entwicklung der Nettolöhne angepasst. Das Maß der Anpassung gab das Gesetz detailliert vor.
Die Anrechnung des Kindergeldes blieb dabei außen vor. Sie wurde im Unterhaltsrecht ausdrücklich geregelt. Da Barunterhalt und Betreuung gleich behandelt werden, gebührte jedem Elternteil vom Kindergeld - unabhängig von dessen Auszahlung nur an den betreuenden Elternteil - nur die Hälfte.
Dies galt allerdings nur, soweit der Unterhaltspflichtige Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages nach Regelbetragsverordnung leistete. Leistete er weniger als 135 %, also Unterhalt bis einschließlich der Gruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle, so wurde das Kindergeld nur anteilig angerechnet, § 1612 b Abs. 5 BGB a.F.
Die Anrechnung des Kindergeldes unterblieb dann, soweit der geschuldete Unterhalt den Regelbetrag unterschritt. Ab 1.1.2008 gilt die Regelbetragverordnung nicht mehr. Ein minderjähriges Kind kann seitdem Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen, § 1612a BGB. Das Kindergeld ist in der Regel  hälftig anzurechnen.
Am 01.07.1998 sind das Kindschaftsrechtsreformgesetz, das Beistandschaftsgesetz, das Erbrechtsgleichstellungsgesetz und das Kindesunterhaltsgesetz in Kraft getreten. br />b) Besondere Vorschriften bei nicht miteinander verheirateten Eltern
Der Betreuungsuntehalt der Mutter eines Kindes, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind (so die Definition des Gesetzes) ist geändert worden. Die Unterhaltspflicht nach der Geburt kann bei Unbilligkeit auch drei Jahre überschreiten. Die Betreuung des Kindes ist nicht mehr rollenfixiert. Betreuungsunterhalt kann also auch der betreuende Vater verlangen.
c) Sonstige Änderungen
Neu ist die Ausweitung der gesteigerten Unterhaltspflicht. Sie kommt dem Kind bis zum 21. Lebensjahr zugute, sofern es unverheiratet ist, bei seinen Eltern lebt und sich in der allgemeinen Schulausbildung befindet. Ein solches Kind steht auch in der Rangfolge einem minderjährigen Kind gleich.
Vereinheitlicht ist auch die Möglichkeit, rückständigen Unterhalt einzufordern. Bereits das Auskunftsverlangen begründet für die Vergangenheit die Unterhaltspflicht. Seit 01.01.2011 gilt eine neue Düsseldorfer Tabelle.
Der notwendige Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen beträgt bei Erwerbstätigen weiterhin monatlich € 950,00 , bei Nichterwerbstätigen € 770,00 im Monat. Der notwendige Eigenbedarf (Existenzminimum) des berechtigten Ehegatten, der mit dem Unterhaltsschuldner in einem gemeinsamen Haushalt lebt, ist mit € 840,00 anzusetzen.
Die Frage, wie sich das neue Recht und die Änderungen der Düsseldorfer Tabelle für den Einzelnen auswirken, lässt sich nicht allgemein beantworten, da das neue Recht je nach Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere der Höhe des Einkommens und der Zahl der Kinder, zu unterschiedlichen Ergebnissen führt.
Sollten die oben ausgeführten Neuerungen zu einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse führen, die einem früheren Unterhaltstitel zugrunde gelegt wurden, besteht die Möglichkeit der Abänderungsklage.
Als Richtschnur für die Praxis gilt die 10 %-Grenze für Veränderungen der Leistungsfähigkeit oder der Bedürftigkeit. Diese Grenze ist nicht starr, sondern muss vielmehr in jedem Einzelfall überprüft werden. Ein Unterhaltstitel des Vorprozesses darf erst für die Zeit nach Erhebung (d.h. Zustellung) der Abänderungsklage abgeändert werden (§§ 323 ZPO, 238 FamFG). Eine rückwirkende Abänderung ist also grundsätzlich nicht möglich. Dies gilt aber nur uneingeschränkt in dieser Form für Unterhaltsurteile. Die Zeitschranke der vorgenannten Vorschriften gilt nach überwiegender Ansicht nicht für Prozessvergleiche, Jugendamtsurkunden oder notarielle vollstreckbare Urkunden, in denen sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat. Diese sind vielmehr rückwirkend abänderbar.
Macht der Unterhaltgläubiger eine rückwirkende Änderung in Form eines erhöhten Unterhaltsanspruchs geltend, muss er den Unterhaltsschuldner zuvor in Verzug gesetzt oder zur Auskunft aufgefordert haben (siehe die Ausführungen zu Ziffer 3).
Verlangt dagegen der Unterhaltsschuldner rückwirkend die Herabsetzung der versprochenen Unterhaltsleistungen, so ist dies immer möglich, wenn die Voraussetzungen der Abänderung vorliegen, wenn also beispielsweise der Unterhaltsschuldner nicht mehr leistungsfähig ist.

Stand 30.11.2011