Welche Rechte haben Leiharbeitnehmer?

Einleitung
Zeitarbeit boomt. Im Jahre 2002/2003 wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) grundlegend reformiert und bis dahin bestehende Beschränkungen z. B. die maximale Verleihdauer von 24 Monaten aufgehoben. Dies hat dazu geführt, dass die Zahl der Leiharbeitnehmer sich in der Zeit von 2003 bis heute mehr als verdoppelt hat. Zurzeit dürften rund 900.000 Leiharbeitnehmer in Deutschland beschäftigt werden.

Rechtliche Position der Leiharbeitnehmer
Bei der Arbeitnehmerüberlassung stellt der Verleiher (Zeitarbeitsunternehmen) bei ihm angestellte Arbeitnehmer einem anderen Unternehmen (Entleiher) zur Arbeitsleistung zur Verfügung. Die Arbeitgeberpflichten hat der Verleiher, das Direktionsrecht wird jedoch vom Entleiher ausgeübt. Nach §§ 3, 9 AÜG hat der Leiharbeitnehmer ab dem ersten Einsatztag im Betrieb des Entleihers Anspruch auf die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts (Prinzip des equal payment). Wesentliche Arbeitsbedingungen sind neben der Vergütung die Arbeitszeit, der Urlaub, Sondervergütungen, Zuschläge für Schicht- und Mehrarbeit und die Nutzung der Sozialeinrichtungen. Entgegenstehende Vereinbarungen im Arbeitsvertrag sind unwirksam.
Allerdings kann nach §§ 3, 9 AÜG von dem Grundsatz der Gleichbehandlung durch Tarifvertrag abgewichen werden. Zulässig ist auch die einzelvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag, wenn im Ganzen auf den für den Betrieb des Verleihers räumlich, fachlich, persönlich und zeitlich geltenden Tarifvertrag verwiesen wird (Bundesarbeitsgericht, Urteil 12.1.2006 - 2 AZR 126/05). Dies führt häufig dazu, dass für die Leiharbeitnehmer doch schlechtere Vertragsbedingungen gelten als für die Stammbelegschaft. Wegen der aus den Tarifverträgen resultierenden ungleichen Behandlung von Zeitarbeitnehmern und Stammbelegschaft stehen diese Tarifverträge in der Kritik.
Ob die tariflichen Regelungen wirksam sind, muss jeweils im Einzelfall geprüft werden. Werden Tarifverträge im Arbeitsvertrag nicht im Ganzen einbezogen, haben die Arbeitsgerichte die Möglichkeit, die Wirksamkeit und Angemessenheit einzelner tariflicher Regelungen zu überprüfen.
Zu beachten ist, dass die Tarifverträge regelmäßig sehr kurze Ausschlussfristen enthalten. § 10 des Manteltarifvertrag Zeitarbeit der IGZ sieht eine sogenannte zweistufige Ausschlussfrist von jeweils einem Monat vor. Ansprüche sollten daher sofort schriftlich geltend gemacht werden.
Wichtig ist, dass gemäß § 1 Abs. 2 Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) Leiharbeitnehmer, die im Geltungsbereich eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags eingesetzt werde, Anspruch auf die Vergütung nach diesem Tarif haben. Allgemeinverbindlich sind die Tarifverträge für das Maler- und Lackiererhandwerk, Elektrohandwerk, Gebäudereinigerhandwerk, Briefdienstleistungen, Dachdeckerhandwerk und das Abbruch- und Abwrackgewerbe. Der Mindestlohn im Maler- und Lackiererhandwerk liegt in den alten Bundesländern für Gesellen bei € 11,05 und für ungelernte Arbeitnehmer bei € 8,05.
In Deutschland existieren drei Flächentarifverträge. Einzelne Zeitarbeitsfirmen haben darüber hinaus Haustarifverträge für die bei ihnen beschäftigten Mitarbeiter abgeschlossen. Die Tarifverträge sind im Internet unter den Adressen www.ig-zeitarbeit.de und www.bza.de sowie www.amp-info.de veröffentlicht.

Kündigungsschutz
Leiharbeitnehmer haben Kündigungsschutz, wenn das Leiharbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und der Verleiher mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Der Verleiher kann das Arbeitsverhältnis wirksam nur kündigen, wenn ein personen-, verhaltens- oder betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegt. Fehlende Überlassungsaufträge rechtfertigen eine betriebsbedingte Kündigung nur dann, wenn es sich um einen dauerhaften Auftragsrückgang handelt. Kurze Auftragslücken gehören zum typischen Unternehmensrisiko des Verleihers (BAG, Urteil vom 18.5.2006 - 2 AZR 412/05). Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingehen. Anderenfalls gilt die Kündigung als wirksam.

Befristung
Für die Befristung des Arbeitsvertrags zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer gelten die allgemeinen Befristungsregelungen gemäß § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Die Befristung des Leiharbeitsverhältnisses ohne sachlichen Grund ist bis zu einer Höchstdauer von zwei Jahren zulässig. Innerhalb von zwei Jahren darf das Arbeitsverhältnis maximal dreimal verlängert werden. Allerdings lässt § 14 TzBfG die Möglichkeit offen, durch Tarifvertrag die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend zu regeln. Hiervon ist in den Tarifverträgen im Bereich der Zeitarbeit teilweise Gebrauch gemacht worden.

Leiharbeitnehmer und Stammbelegschaft
Betriebsbedingte Kündigungen gegenüber Arbeitnehmern der Stammbelegschaft sind regelmäßig unwirksam, wenn auf vergleichbaren Arbeitsplätzen Leiharbeitnehmer beschäftigt werden. Die Rechtsprechung behandelt die von Leiharbeitnehmern besetzten Stellen als freie Arbeitsplätze.
Dies zeigt sich momentan bei der Absatzflaute im Bereich der Automobilindustrie. Bei den Herstellern und den Zulieferern müssen vor Beendigung der Arbeitsverhältnisse mit der Stammbelegschaft zunächst die von den Leiharbeitnehmer besetzten Arbeitsplätze frei gemacht werden.
Problematisch kann auch die Befristung von Arbeitsverhältnissen mit Stammmitarbeitern mit dem Sachgrund des vorübergehenden Bedarfs sein, wenn durchgehend Leiharbeitnehmer auf vergleichbaren Arbeitsplätzen beschäftigt werden. Die dauerhafte Beschäftigung von Leiharbeitnehmern ist zumindest ein Indiz dafür, dass der künftige Arbeitskräftebedarf schwankt und von vorne herein nicht kalkulierbar ist. Eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Befristung muss innerhalb von drei Wochen ab dem Ende des Arbeitsverhältnisses erhoben werden.
10.1.2009