Hinweis

Ein Beitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Reinhold Nelles, Bad Münstereifel
Im deutschen Arbeitsrecht ist vorgesehen, dass der Urlaub im Kalenderjahr beantragt und gewährt werden muss. Anderenfalls verfällt er entweder am En-de des Kalenderjahres oder spätestens im Übertragungszeitraum bis zum 31.3. des Folgejahres, § 7 Abs. 3 BUrlG. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vorgelegt, ob der Urlaubsan-spruch am Ende des Bezugszeitraums ersatzlos untergeht, wenn der Arbeit-nehmer vorher unter Angabe seiner Wünsche bezüglich der zeitlichen Festle-gung des Urlaubs keinen Urlaubsantrag gestellt hat und der Arbeitgeber damit nicht verpflichtet sei, von sich aus und für den Arbeitnehmer verbindlich, die zeitliche Lage des Urlaubs innerhalb des Bezugszeitraums festzulegen (BAG, 13.12.2016 - 9 AZR 541/15 A).
Der Europäische Gerichtshof hat am 6.11.2018 entschieden, dass ein Arbeit-nehmer seine erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nicht auto-matisch deshalb verlieren darf, weil er keinen Urlaub beantragt hat.
Er gab allerdings Kriterien vor, unter welchen Voraussetzungen der Verlust mit dem Unionsrecht vereinbar sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Arbeit-nehmer grundsätzlich die schwächere Partei des Arbeitsverhältnisses sei. Er könne daher davor abgeschreckt sein, seine Rechte gegenüber seinem Arbeit-geber ausdrücklich geltend zu machen.
Die Ansprüche können allerdings untergehen, wenn der Arbeitnehmer vom Ar-beitgeber, z. B. durch angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt wird, die fraglichen Urlaubstage rechtzeitig zu nehmen. In diesem Fall müsse der Arbeitgeber beweisen, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet habe, seinen bezahlten Jahres-urlaub zu nehmen, nachdem er in die Lage versetzt worden sei, seinen Ur-
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laubsanspruch tatsächlich rechtzeitig wahrzunehmen (EuGH, 6.11.2018, C-619/16 u. C-684/16).